Dr. Gudrun Liegl-Raditschnigg (D)
„Linienkörper im rhytmisch struktutierten Flächenraum. – Das bildnerische Experiment
Karl-Heinz Jeiters."
2005

zurück zur Textübersicht >>

Aachen 2005, Text von Dr. Gudrun Liegl-Raditschnigg

Linienkörper im rhythmisch strukturierten Flächenraum.
Das bildnerische Experiment Karl-Heinz Jeiters

Ein wiederkehrender Gesichtspunkt in der Diskussion über das zeichnerische Werk Karl-Heinz Jeiters ist die Verwunderung darüber, dass da ein Zeichner am Werk ist, der mit programmatischer Konzentration auf das Gestaltungsmittel Linie Bilder schafft, die in nicht wenigen Aspekten den optischen Charakter von Gemälden aufweisen.

Naheliegend wäre eine Interpretation, die dieses optische Paradoxon bereits als ein zentrales bildnerisches Ziel deutet. Schließlich hat es in der Kunst des 20. Jahrhunderts solche Bewegungen wie den Fotorealismus gegeben, bei dem der Realitätsgrad von Bildern damit zur Disposition gestellt wurde, dass man Fotos malte. Vielleicht besteht Jeiters bildnerische Strategie primär darin, dass er uns mit zeichnerisch technischer Perfektion vorführen will, dass sich Gemälde auch zeichnen lassen? Damit wäre der Vielfalt der möglichen Entstehungsprozesse und Seinsweisen von Bildern seit der Moderne eine weitere interessante Variante hinzugefügt.

Diese Deutungsweise bleibt jedoch sehr vordergründig und kann den Kern der bildnerischen Intention Jeiters nicht erfassen. Unbestreitbar ist, dass der Linie in seinem Werk keinerlei abbildhafte, illusionistische Funktion zukommt. Geologische, landschaftsähnliche Assoziationen mögen sich beim Betrachter einstellen, können aber nicht als bildnerisches Ziel angesehen werden. Auch die vermeintlich anklingenden gestischen Effekte seiner Liniengefüge, die Jeiters Arbeiten in die Nähe des Informel rücken würden, bestimmen nach eigenen Aussagen nicht seine gestalterischen Absichten.

Offenbar kommt im zeichnerischen Werk Jeiters etwas anderes Grundlegendes zum Ausdruck, das jenseits dieser denkbaren Bezüge angesiedelt ist und seinem Schaffen einen vergleichsweise singulären Charakter verleiht. Allein die enorme Vielzahl der in den letzten Jahren entstandenen, offenbar auseinander hervorgehenden Arbeiten, legt die Vermutung nahe, das Jeiter bei seinen zeichnerischen Exkursen ein gestaltbildendes Phänomen freigelegt hat, das es ihm ermöglicht, sozusagen aus dem Vollen zu schöpfen.

Um die bildnerische Leistung Jeiters zu verstehen und auch den schöpferischen Urgrund abzustecken, von dem ausgehend er seine spezifische Bildwelt konzipiert, kann es hilfreich sein, einen genaueren Blick auf seine eigenen programmatischen Äußerungen zu werfen:

„In der modernen Kunst gibt es eine Tradition der Selbstreflexion des gemalten Bildes, dabei ist die flächig aufgetragene Farbe selbst in all ihren Ausdrucksmöglichkeiten Thema des Gemäldes. – Hier möchte ich anknüpfen – und mache in meinen Arbeiten die Linie selbst in all ihren Ausdrucksmöglichkeiten zum Thema meiner Zeichnungen.

Mit Graphitstiften in verschiedenen Härtegraden und Graphitpulver sowie mit Farbstiften in großer Anzahl zeichne ich auf glattem, weißem Papier. Linien in Schraffuren angelegt, bilden farbige Flächen als „Grundierung“. Einzelne Linien stürzen darauf ein, verdichten sich, formen sich zu kristallinen, organischen oder amorphen Gestalten, die auf dem ganzen Format eine Komposition aus Proportionen und Farbklängen bilden. Ich bearbeite die Gestalten weiter.

„Linienkörper“ mit Licht und Schatten und Raumillusionen entstehen. In dieses Gefüge greife ich ein, überarbeite die Körper immer wieder mit Radiergummi und Schmirgelpapier. – Partien des Bildes entwickeln sich zurück, machen anderen Linien Platz, lassen neue Schichten entstehen, unter denen alte hervorblitzen.

So ist ein komplexes Gebilde entstanden aus sich verdichtenden Linienbündeln, sowie aus einzelnen Linien, die auf den Betrachter zu oder von ihm weg tief in den schwarzen Graphitgrund eintauchen. Die Linien bilden nichts anderes ab als sich selbst, bilden in ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten einen ästhetischen Kosmos, den ich Zeichnung nenne.“¹

Die Aussagen Jeiters sollen als Leitfaden dienen, um mit Blick auf die spezielle Beschaffenheit seiner Bildwelt folgenden Fragen nachzugehen:

Vertritt Jeiter eine definierbare bildnerische Position und wenn, lassen sich hierbei Vergleiche beziehungsweise Bezüge innerhalb der Kunstgeschichte aufstellen? Des weiteren: Wenn die Linie das Hauptagens in seinen Arbeiten darstellt und ihr keine abbildende Funktion zukommt, wie kann ihr bildnerischer Stellenwert erfasst werden? Welche Rolle spielen in den Bildgefügen Jeiters die anderen elementaren Bildmittel: Hell-Dunkel und Farbe? Und schließlich: Welche Struktur weist im Zusammenhang der genannten Komponenten die spezifische Bildräumlichkeit seiner Werke auf?

Besondere Aufmerksamkeit soll dem letzten Abschnitt seiner Ausführungen zukommen, in dem Jeiter den Entstehungsprozess seiner Bildgefüge von der anfänglichen, in Schraffuren angelegten “Grundierung“ bis hin zum komplex gestalteten Gebilde aus sich verdichtenden Linienbündeln erläutert.

Zunächst ist festzuhalten, dass er offenbar in die Reihe jener Künstler gehört, die sich nicht nur über ihre eigene schöpferische Vorgehensweise Rechenschaft ablegen, sondern über deren Werke sich darüber hinaus das Motto stellen ließe: „Der Weg ist das Ziel.“ Gemeint ist, dass der Entstehungsprozess des Bildes sich in seiner individuellen Gestalt widerspiegelt, ja sogar als eine Hauptaussage desselben gewertet werden kann. Dies bringt mit sich, dass das Bildereignis für den Betrachter bewusst offen gehalten ist. Das, was in der Wahrnehmung Gestalt annimmt, kann nicht abgeschlossen werden. Oder positiv gewendet: Das Sichtbarwerden kann bis ins Unendliche fortgesetzt werden. Letztlich ist das Sichtbarwerden selbst als zentraler Bestandteil der Bildaussage zu werten.

Als großer theoretischer wie auch didaktischpraktischer Pionier innerhalb dieser bildnerischen Auffassung schlug zu Beginn der Moderne Paul Klee mit seiner Definition des Kunstwerks als „Werdeform“ diesen schöpferischen Kurs ein. Die Reihe der ihm auf dem Weg folgenden Künstler ist bis heute nicht abgeschlossen und fand in Künstlern wie Ernst Wilhelm Nay, Emil Schumacher oder Gotthard Graubner Vertreter, die bei aller Verschiedenheit ihrer Werke doch nach dem gleichen Prinzip vorgehen.

Einen weiteren wichtigen Hinweis zu seinen bildnerischen Absichten gibt Jeiter im mittleren Teil seiner Ausführungen. Er nimmt Bezug auf die Bestrebungen innerhalb der klassischen Moderne, die sich die Autonomisierung der elementaren Bildmittel,so die Farbe, zum Ziel setzten. Jeiter nennt keine Namen. Stellvertretend könnten hier Delaunay und Nay erwähnt werden, die aus der gegenstandsfreien Farbe alle weiteren grundlegenden Bildkomponenten ableiteten und ein fest in sich gefügtes, raumzeitlich strukturiertes Bildgefüge schufen.

 

Jeiter hält fest, dass er anstelle der Farbe nun die Linie mit all ihren Ausdrucksmöglichkeiten zum Thema erhebt. Vor dem Hintergrund der gegebenen Fragestellung, nämlich: Wie lässt sich der bildnerische Stellenwert der Linie als Hauptagens innerhalb der Bildwelt Jeiters erfassen, ist nun von besonderem Interesse, was er mit „all ihren Ausdrucksmöglichkeiten“ meinen kann. Dargelegt wurde bereits, dass jene Ausdrucksvarianten aus dem Gebiet gegenständlich assoziativer Inhalte wegfallen. Als Ausgangspunkt bestimmt Jeiter eindeutig die Linie in ihrer Funktion als autonomes, dass heißt nichts anderes als sich selbst darstellendes Bildmittel.

Offenbar kann jedoch der Linie jenseits aller gegenständlichen Bezüge dennoch eine komplexe bildnerische Funktion und Aussagekraft zukommen. Wie diese aussieht, erfahren wir im letzten Abschnitt der oben zitierten Ausführungen Jeiters. Hier beschreibt er den Entstehungsprozess des vielschichtigen, raumzeitlich strukturierten Bildgefüges aus der Transformation einfacher Linien in virtuell bewegte Linienkörper-Komplexe.

Die spezifische Funktion, die Jeiter der Linie innerhalb seiner übergeordneten bildnerischen Zielsetzung zuteilt, erklärt am Rande auch, warum seine Arbeiten eindeutig von Werken des Informel abzugrenzen sind. Bei Jeiter agiert die Linie nicht mit gestischem oder psychographischem Duktus in einem sie umgebenden, dimensionslosen Bildraum, wie dies zum Beispiel in den Werken Hans Hartungs der Fall ist. Im Gegenteil lässt sich bei ihm die Existenz des Bildraums von derjenigen der Linie gar nicht trennen. Denn in seinem Bildgefüge ist es die Hauptaufgabe der Linie, den Raum zu konstituieren.

Jeiter setzt die Linie in ihrer Gestaltkraft ein, um einen virtuellen und dennoch festgefügten Flächenraum aufzubauen, der im Wahrnehmungsprozess des Betrachters in Erscheinung tritt und in seiner zeitlichen Struktur an diesen gebunden ist. Folgende Formulierungen weisen auf diese Bildstrategie hin. Aus zweidimensionalen Linien entwickelt er Gebilde, die sich zu „kristallinen, organischen oder amorphen Gestalten“ verdichten. Aus diesen Gestalten entstehen unter Einwirkung von Licht und Schatten „Linienkörper“. Schließlich tritt ein komplexes Gebilde von Körpern in Erscheinung, die in scheinbarer Vor- und Zurückbewegung die Illusion eines sich in Schichten rhythmisch aufbauenden Raumgefüges evozieren.

Sucht man eine vergleichbare Position in der Kunstgeschichte, ließe sich die bildnerische Strategie des bereits erwähnten E.W. Nay anführen. Nay transformiert in der Reihe seiner „Scheibenbilder“ aus dem Elementarmittel der Farbe heraus die Bildfläche in einen virtuellen Raum. Dieser entfaltet sich innerhalb der Wahrnehmung des Betrachters als rhythmisch strukturierter Flächenraum und stellt in seinem zeitlich offenen, nicht fixierbaren Ereignischarakter die zentrale Bildaussage dar. Den farbräumlichen Ansatz Nays vertraten in seinen Grundzügen vor ihm schon Malergrößen wie Delaunay sowie einige am Bauhaus tätige Künstler wie Itten und Hölzel bis hin zum eigentlichen Initiator der für diese Position vorauszusetzenden grundlegend neu aufgefassten Bildwelt: Paul Cézanne. Sie alle machten es sich zur Aufgabe, aus dem elementaren Bildmittel Farbe heraus alle weiteren Bildkomponenten abzuleiten, allem voran den Bildraum selbst.

 

 

Hält man nun die Position Jeiters dagegen, bei der es darum geht, den Bildraum primär aus der Linie, ohne Anwendung illusionsperspektivischer Mittel umzusetzen, wird der Anspruch seiner bildnerischen Ambition in zweifacher Hinsicht deutlich: Erstens ist es ungleich schwieriger, aus der reinen, d.h. nicht perspektivisch eingesetzten zweidimensionalen Linie Räumlichkeit zu entwickeln als aus der Farbe. Denn diese besitzt in ihrem Auftrag bereits einen flächigen Charakter und weist in ihren Kontrastwerten darüber hinaus eine spontan räumliche Virtualität auf. Zudem lässt sich die Linie nicht so leicht autonom, d.h. nach ihrem Gestaltwert rein einsetzen, da sie in ihrer Ausdehnung und ihrem Verlauf schnell etwas gegenständlich Erzählerisches anklingen lässt. Zweitens fällt auf, dass sich zunächst weder namhafte Vorläufer noch derzeitig gleichgesinnt Arbeitende für das bildnerische Bestreben Jeiters auffinden lassen. Dies ist im Grunde erstaunlich, da die Aufgabenstellung, der Jeiter ihn seinen Zeichnungen nachgeht, im Prinzip seit der Autonomisierung der elementaren Bildmittel zu Beginn der Moderne besteht und diese zudem mit logischer Konsequenz aus der „Befreiungsbewegung“ der Bildmittel hervorgeht.

Abschließend soll die spezifische Raumstruktur, wie sie in der Bildwelt Jeiters in Erscheinung tritt, am Beispiel der vierteiligen Arbeit „Gilgamesh II (2003) beschrieben werden. Bildet die frei agierende, d.h. von jeder narrativen Abbildfunktion losgelöste Linie den Hauptakteur des Bildgeschehens, so ist es letztlich doch ihr Zusammenspiel mit den Komponenten Farbe, Licht und Schatten, aus dem der virtuelle, an die Wahrnehmung gebundene Raum als Produkt hervorgeht.

In der oben zitierten Stelle beschreibt Jeiter selbst seine Vorgehensweise und die daraus hervorgehende Bildstruktur: Von in Schraffuren angelegten Linien ausgehend erzielt er über die Verdichtung einzelner Linien zu Linienkörpern unter Mitwirkung von Farbwerten sowie Licht und Schatten ein komplexes Gefüge, in dem sich Linienkörper oder auch einzelne Linien scheinbar räumlich auf den Betrachter zu oder von ihm weg in den schwarzen Graphitgrund bewegen. Eine vielschichtige, teilweise transparent diffuse Überlagerung der einzelnen Liniengestalten gewährleistet den tektonischen Zusammenhalt des gesamten Gefüges. Diese sich aus der Überlagerung speisende feste Tektonik erreicht Jeiter über einen gezielten Zwischenschritt, in dem er einzelne Partien des Gebildes mit Radiergummi und Schmirgelpapier überarbeitet und zurücknimmt, um neuen Schichten Raum zu geben, die die tieferliegenden durchscheinen lassen. Das in dieser Weise vielschichtig ineinander verwobene Gefüge ist in der Lage, raumgreifende, tief schwarze Schattenpartien sowie gleißend helle Lichtzonen in sich aufzunehmen, ohne seine Stabilität zu verlieren. Aus der Kontrastwirkung der tief schwarzen Graphitzonen mit den lichten Partien des teilweise freistehenden Zeichengrundes sowie verschiedener Farbwerte untereinander entspringt die eigentliche Raumbewegung. In „Gilgamesh II“ beherrscht vor dem Hintergrund opponierender Licht-Schattenzonen der Farbdreiklang Rot, Gelb, Blau die Bühne des vierteiligen Bildgeschehens. Während das unauffällige Ockergelb eher im Hintergrund bleibt, beziehungsweise zwischen den virtuell vor- und zurücktretenden Ebenen eingespannt ist, findet die zentrale räumliche Bewegung zwischen dem warmen Karminrot und dem kühlen Lichtblau statt. Von seiner flächenmäßigen Ausbreitung her erscheint das rote Linienkörpergebilde dominant gegenüber dem wesentlich schmaleren blauen Liniengefüge. Dennoch gelingt es Letzterem aufgrund seiner Leuchtkraft sich gegenüber dem Rot in vier unterschiedlichen Positionen zu behaupten und jeweils in vorderster Bildebene schwebend wahrgenommen zu

werden.

 

Entscheidend für den Raumeindruck des Bildgefüges ist, dass die intensiv tiefenräumlich wirkenden Schattenpassagen durch benachbarte Licht- beziehungsweise Farbabschnitte an die vorderste Bildebene zurückgebunden werden. Die Distanzen zwischen den individuellen Linienkörpern bleiben dabei unbestimmt. Nur ein jeweiliges Vor oder Dahinter kann ausgemacht werden. In der Wahrnehmung entsteht durch diese gegebene Struktur die Vorstellung eines in sich rhythmisch bewegten Flächenraums.

Interessant ist an dieser Stelle eine Gegenüberstellung mit der Farbfeldmalerei Rothkos. Auch in seine Gemälden scheinen die als individuelle Farbgestalten aufgefassten Flächen in unbestimmbaren Distanzen zueinander zu schweben. Vor allem aber erscheinen sie vor einem unendlich wirkenden Farblichtraum, d.h. der Betrachter nimmt eine getrennte Existenz von Farbkörper und Farbraum wahr. Die Raumstruktur in den Werken Jeiters kommt dagegen eher derjenigen in der Malerei Cézannes und auch Nays nahe. Beide konzipierten den Bildraum mittels einer speziellen Farbformsystematik in fester Tektonik als rhythmisch strukturierten Flächenraum. In ihm ist Raum unabhängig von den ineinandergreifenden und sich scheinbar dreidimensional ausdehnenden Farbflächen nicht existent. Mit den bisherigen Ausführungen lassen sich vielleicht einigen erhellende Aspekte über den Stellenwert der Farbe in den Bildgefügen Jeiters anfügen. Weit entfernt von ihrem möglichen Gebrauch als kolorierende Gegenstandsfarbe ist sie innerhalb der Flächenkörper zunächst das sichtbare Produkt der sich prozessual aufbauenden – und darin den tatsächlichen Schaffensvorgang widergebenden – Liniengebilde. Nicht selten haben Künstler in ihren Bildwelten visuelle Strukturen geschaffen, die in eigentümlicher Weise parallel zu naturwissenschaftlichen oder speziell phänomenologischen Erkenntnissen stehen. Vielleicht könnte die Farbe bei Jeiter daher noch etwas Anderes anzeigen. Vor dem Hintergrund der Erkenntnisse über die Beschaffenheit struktureller Farben ließe sie sich als Produkt von reflektiertem Licht, das auf spezifisch strukturierte Materie trifft, deuten. Wir wissen, dass sowohl Schmetterlinge als auch Käfer oder etwa Opale, obwohl sie zunächst schlicht schwarz oder weiß sind, allein durch das Zusammenspiel von Licht und den mikroskopisch feinen Strukturen ihrer Flügel, Gehäuse oder Steinschichten in den leuchtendsten Farben schillern können. Ein Rot leuchtet hier umso intensiver, je mehr materielle Schichten übereinander liegen.

Ähnliche Einsichten vermittelte bereits Goethe in seiner Farbenlehre, in der er die Entstehung der Farben aus der Licht-Finsternis-Polarität erklärt und zwar unter zusätzlicher Einwirkung der vermittelnden „Trübe“. Hierunter versteht er Materie, die farblos, durchsichtig bis undurchsichtig sein kann und quasi als „Lichtbrecher“ funktioniert:

„Finsternis und Licht stehen einander uranfänglich entgegen, eins dem anderen ewig fremd, nur die Materie, die in und zwischen beide sich stellt, hat, wenn sie körperhaft undurchsichtig ist, eine beleuchtete und eine finstere Seite... Ist die Materie durchscheinend, so entwickelt sich in ihr, im Helldunklen, Trüben, in bezug aufs Auge das, was wir Farbe nennen.“²


¹ Karl-Heinz Jeiter, „Von der Linie als Zeichnung“. Karl-Heinz Jeiter. Zeichnungen / Dibujos, Ausstellungskatalog, Toledo 2003, S.21.
² Zitiert nach Rupprecht Matthaei, Goethes Farbenlehre. Ravensburg 1971, S. 118

 


zurück zur Textübersicht >>

 



 

 

 

 

copyright by bestpreiswerbung Aachen